Freitag, 27. November 2015
Relationsbegriffe
„Solidarität“ ist genau so ein Relationsbegriff wie „Gerechtigkeit“. Der Inhalt wird durch Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Meinungen definiert. Dahinter steht kein Naturgesetz.
Deutschlands solidarische „Nibelungentreue“ mit Österreich im Ersten Weltkrieg wird heftig kritisiert. Kanzler Schröders Weigerung solidarisch in George W. Bushs Irakkrieg einzutreten, wird gelobt. Die deutsche Regierung lehnte mit Westerwelle eine solidarische Unterstützung der Alliierten bei der Beseitigung von Muammar al- Gaddafi ab. Uneingeschränkte Solidarität mit Griechenland fällt einigen schwer, anderen nicht. Beklagt und eingefordert wird die mangelnde Solidarität östlicher EU-Staaten bei der Flüchtlingsaufnahme. Aber sowohl Polen als auch Tschechien haben Frankreichs Hilferuf um solidarische Unterstützung gegen den Terrorismus positiv beantwortet.
Also: Solidarität könnte zwar eine platonische unwandelbare Idee in der Welt des Geistes sein -, aber eben nicht in unserer Welt, in der es nur mehr oder weniger schlechte Abbilder gibt. Und „Solidarität“ zu leisten gegenüber Staaten und Institutionen, bei denen man verzapften Unsinn zu erkennen glaubt, fällt besonders schwer.

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